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Interview mit David Reger, CEO von Neura Robotics zum Thema Humanoide Roboter

Herr Reger, das Thema humanoide Roboter erfährt derzeit eine beeindruckende Dynamik. Bei führenden Automobilherstellern laufen bereits erste Pilotprojekte mit Humanoiden. Steht der Siegeszug der Humanoiden tatsächlich direkt bevor und in welchen Branchen sehen Sie in welcher Zeitspanne die ersten Serieneinsätze?

Betrachtet man den öffentlichen Hype in den USA und in Asien und obendrein die Investmentsummen, die in die humanoide Robotik fließen, dann steht ein Siegeszug nicht bevor, sondern hat bereits begonnen. Selten gab es so viele große Player, die gleichzeitig von einer Sache überzeugt waren. Wenn Sie nach Serieneinsätzen und marktreifen Produkten fragen: Da gehen wahrscheinlich noch ein paar Jahre ins Land, in denen jedoch die kognitive Robotik, sozusagen als Wegbereiter der Humanoiden, bereits vielfach zum Einsatz kommen wird. Denn die kognitiven Fähigkeiten sind auf jeden Fall die wichtigste Voraussetzung für sichere und universell einsetzbare Humanoide. Und da werden wohl wieder die Automobilhersteller und -zulieferer die Vorreiter sein und sind es schon. Allerdings werden wir kognitive Roboter auf Grund der neuen Möglichkeiten und einfachen Bedienung auch bald im Bereich von Dienstleistungen und sogar im Haushalt sehen.

NEURA Robotics hat mit dem 4NE-1 auf der letzten automatica selbst einen Humanoiden vorgestellt. Welche technologischen Verbesserungen wird dieser Humanoide im nächsten Jahr aufweisen und für welche vorrangigen Aufgaben wollen Sie ihn qualifizieren?

Da bin ich mit konkreten Aussagen zurückhaltend, weil wir uns damit nicht selbst limitieren wollen. Bei MAiRA – dem ersten kognitiven Roboter der Welt aus unserem Haus – hat sich ja auch gezeigt, dass wir viel schneller waren und alle überrascht haben. Vielleicht lassen wir uns auch diesmal einfach überraschen, oder? Jedenfalls wird 4NE‑1 mehr können, als alle erwarten.

China hat angekündigt, in den nächsten Jahren zum Weltmarktführer im Bereich der humanoiden Roboter aufsteigen zu wollen. Rund fünf Prozent der Arbeitskräfte sollen dann Humanoide sein, das wären dann rund 35 Millionen. Für wie realistisch halten Sie solche Szenarien und können Sie sich generell (also auch hierzulande) vorstellen, dass sich der Fachkräftemangel durch den Einsatz von Humanoiden entschärfen lässt?

China, aber auch die USA sind Länder, die sich konkrete wirtschaftliche Ziele setzen und als Volkswirtschaften Visionen entwickeln. Ich glaube nicht, dass es bei diesen Zahlen darum geht, ob es am Ende vier, fünf oder sechs Jahre gedauert hat und ob 20, 30 oder 40 Millionen Arbeitskräfte humanoide Roboter sein werden. Wichtig ist, die Dimension des Themas für die Zukunft der globalen Wirtschaft zu vermitteln. Und da wünsche ich mir, dass wir auch hier in Deutschland endlich aufwachen, die Sache ernst nehmen und so eine Vision zum Leben erwecken. Denn natürlich haben Sie Recht – der Fachkräftemangel in vielen Bereichen lässt sich, wie es aussieht, überhaupt nur durch humanoide Roboter bewältigen. Vor allem in sogenannten „semistrukturierten Umfeldern“, in denen Menschen häufig wiederkehrende und einfache Aufgaben ausführen, wird man das sehen.

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