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Sie sind die Service-Zentralen des Internet of Things: IoT-Plattformen vernetzen im Internet der Dinge Geräte und Applikationen, Maschinen und Fabriken. Bei der Vielzahl an Anbietern fällt der Überblick oft nicht ganz leicht.

Auch in kleinen und mittelständischen Unternehmen ersetzen standardisierte IoT-Plattformen immer mehr individuelle Lösungen. Internet-Schwergewichte wie Amazon Webservices (AWS) oder Microsoft, Softwarehersteller wie SAP oder die Software AG und Automatisierungsspezialisten wie Siemens, Bosch oder GE bieten eigene IoT-Lösungen an, die sich in Ausrichtung, Funktionen und natürlich Preisgestaltung unterscheiden.

Grob lassen sie sich in die drei Bereiche Infrastruktur, Plattform oder Softwaredienste unterteilen – oder in der Sprache der IT-Spezialisten:

  • Infrastructure as a Service (IaaS)
  • Platform as a Service (PaaS)
  • Software as a Service (SaaS)

Die drei Arten von Cloud-Diensten

  • Infrastructure as a Service (IaaS) stellt grundlegende IT-Ressourcen wie Rechenleistung, Storage oder Netzwerkkapazitäten zur Verfügung
  • Platform as a Service (PaaS) stellt Programmiermodelle, Laufzeitumgebungen und Entwicklerwerkzeuge bereit, um Cloud-basierte Anwendungen zu erstellen und auszuführen
  • Software as a Service (SaaS) repräsentiert die oberste Schicht im Cloud-Modell, bei dem der Provider seine eigenen Anwendungen für die Benutzer bereitstellt.

Anbieter von Infrastructure as a Service (IaaS), wie Amazon Webservices (AWS) und Microsoft mit Azure, stellen IT-Ressourcen zur Verfügung, auf deren Basis Maschinenbauer und Automatisierungsexperten Lösungen für ihre Endkunden entwickeln können. Der Steuerungstechnikspezialist Beckhoff nutzt zum Beispiel die Cloud-Plattform von AWS, um die hauseigene Automatisierungsplattform Twincat mit zusätzlichem Service zu ergänzen: Dazu zählt ein Analyse-Tool, mit dem sich sämtliche Prozess- und Produktionsdaten synchron zum Maschinenzyklus aufzeichnen lassen.

Die Anbieter von Platform as a Service (PaaS) sitzen eine Ebene höher im Cloud-Stufen-Modell und stellen Programmiermodelle, Laufzeitumgebungen und Entwicklerwerkzeuge bereit, um Cloud-basierte Anwendungen zu erstellen und auszuführen. Zu den PaaS-Anbietern gehören die Software-Spezialisten PTC und die Darmstädter Software AG.

Adamos – eine herstellerunabhängige IoT-Plattform

2017 gründeten DMG Mori, Dürr, Zeiss und ASM PT gemeinsam mit der Software AG das Joint Venture ADAMOS, eine „strategische Allianz für die Zukunftsthemen Industrie 4.0 und Industrial Internet of Things“. Mittlerweile gehören 15 Unternehmen aus dem Maschinen- und Anlagenbau zur Allianz. Sie stellt den Partnern eine herstellerunabhängige IoT-Plattform bereit, deren technische Basis die IoT-Plattformtechnologie Cumulocity der Software AG ist und mit der die Maschinenbauer digitale Services für ihre Endkunden umsetzen können.

Ein Beispiel ist die Datenanalyse-Lösung von Dürr für roboterbasierte Lackieranlagen. Die Analyse-Software zeichnet lückenlos alle Daten aus dem Lackierprozess auf. So entsteht für jede lackierte Karosserie ein digitaler Fingerabdruck. Er enthält zum Beispiel Informationen über die Bewegungen der Roboter, den Lackverbrauch und die exakte Position der Karosserie beim Lackieren. Tritt ein Qualitätsproblem auf, lässt sich die Ursache anhand der aufgezeichneten Daten sofort ermitteln. Die Streaming-Analytics-Funktion der Software wird zum Beispiel für die Online-Qualitätskontrolle bei der Lackierung von Autos eingesetzt. Dabei analysieren Algorithmen in Echtzeit Daten aus dem Lackierprozess und zeigen Anomalien an. Der Betreiber kann sofort reagieren, bevor weitere Karosserien nicht korrekt lackiert werden.

Adamos-Partner wie der Maschinenbauer Dürr nutzen die PaaS-Funktionen der Cumulocity-Plattform, um eigene spezielle Software-Dienste (also SaaS) anzubieten. Siemens und Bosch stellen damit unter anderem Dienste für die vorausschauende Wartung von Werkzeugmaschinen oder intelligentes Gerätemanagement bereit.

Auch Salesforce will im Bereich IoT-Plattformen mitmischen

Eigentlich kommt der US-amerikanische Cloud-Spezialist Salesforce aus dem Markt für Kundenmanagement-Software. Doch da hinter jedem vernetzten Gerät immer ein Mensch in der Rolle eines Verbrauchers oder eines Geschäftskunden steht, stellte Salesforce bereits 2015 seine IoT Cloud vor, die in Unternehmen Aktionen über alle Geschäftsbereiche hinweg (u.a. Verkauf, Service, Marketing) in Echtzeit abbilden und so den Kundenerfolg steigern soll.

AWS und Microsoft bieten nicht nur die Infrastruktur an, sondern auch IoT-Software-Services, etwa Dienste rund um das Thema Künstliche Intelligenz. Dafür müssen in Produktionsunternehmen oft erst noch spezielle Kompetenzen sowie Ressourcen zur Verarbeitung der großen Datenmengen aufgebaut werden. Das wollen die Cloud-Anbieter vereinfachen. „Wir bieten quasi einen ganzen Baukasten an Lösungen“, sagt Oliver Gürtler, Senior Director der Cloud & Enterprise Business Group bei Microsoft Deutschland. „Dazu zählen auch Lösungen, die es dem Anwender erlauben, IoT ohne tiefgehendes Informatik-Knowhow realisieren zu können.“

Industrienahe IoT-Lösungen gesucht

Trotzdem heißt das nicht, dass IT-Größen wie Microsoft und AWS den Industrie-Markt dominieren werden – wie das Beispiel des Maschinenbauers Velco zeigt, der nach einer Cloud-Lösung für die Fernwartung suchte: „Die großen Cloud-Anbieter haben wir ausgeschlossen, weil sie keine Industrie-relevanten Angebote haben. Unsere Lösung muss schließlich auch in extremen Umgebungen wie Stahlwerken funktionieren“, begründet Velcos Elektroingenieur Michael Sundmacher die Entscheidung für die Cloud Solutions des Automatisierungsspezialisten Turck.

Und der Bedarf an solchen speziellen Angeboten wird weiter wachsen. Das Analystenhaus IDC geht davon aus, dass der Markt für IoT-Plattformen weltweit in den kommenden fünf Jahren durchschnittlich um 29 Prozent zunehmen wird. Laut einer aktuellen Studie von IDC haben 42 Prozent der deutschen Unternehmen IoT-Projekte schon umgesetzt oder befinden sich in der konkreten Pilotierung. Fast jedes dritte Unternehmen nutzt dabei eine entsprechende Plattform.

Welche IoT-Plattform im Unternehmen implementiert werden soll, ist eine hochstrategische Entscheidung, gerade angesichts der unüberschaubaren Vielzahl an Anbietern. Eine Fehlentscheidung macht einen aufwändigen Plattformwechsel notwendig und damit Mehrkosten und Prozess-Verzögerungen. Es lohnt sich daher, den Markt der IoT-Plattformen genau zu evaluieren und in einer individuellen Anforderungsanalyse festzustellen, welche Lösung für das Unternehmen die beste ist.