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Der IoT-Boom macht Edge Computing notwendig, die Datenverarbeitung in der Cloud ist allerdings dynamischer und damit beliebig skalierbar. Eine Umfrage unter Branchenexperten zeigt, dass beide Technologien ihre Vorteile haben – und sich gegenseitig bestens ergänzen können.

Edge Computing: maschinen- und fabriknahe Datenverarbeitung großer Datenmengen

Vorteile

  • geringere Abhängigkeit von Netzwerkverbindungen: keine Behinderung durch Bandbreitenbeschränkungen
  • Datenvorverarbeitung am Ort des Geschehens und annähernd in Echtzeit
  • schnellere Reaktionszeiten
  • Kontrolle über Speicherort: geringere Sicherheitsrisiken

Cloud Computing: Datenanalyse im Internet

Vorteile

  • Skalierbarkeit von Datenspeicher
  • große Rechenleistung v.a. für rechenintensive Aufgaben (z.B. Training von Deep Neural Networks)
  • Verknüpfung von Daten aus unterschiedlichen Quellen
  • Bewertung von komprimierten Daten über die konkrete Maschine oder Anlage hinaus (z.B. für firmenübergreifende Services)

Dr. Olaf Munkelt, Managing Director, MVTec Software GmbH: Cloud UND Edge Computing zur gegenseitigen Unterstützung

Eine industrielle Anwendung kann hohe Anforderungen an Latenz und Zuverlässigkeit stellen, aber auch eine hohe Rechenleistung erfordern. Also müssen bei richtiger Kombination die Vorteile beider Technologien, Cloud und Edge Computing, im Industrial Internet of Things (IIoT) genutzt werden. Ein Beispiel aus der industriellen Bildverarbeitung veranschaulicht, wie beide Technologien zusammenarbeiten können, um die Stärken des anderen zu fördern: Für eine industrielle Inspektionsaufgabe zeichnet eine intelligente Kamera ein Bild des Produkts in der Produktionslinie auf. Der eingebettete Prozessor führt Aufgaben wie Ausrichtung, Zuschneiden und Vorverarbeitung aus, während eine spezialisierte, tief lernende Computereinheit eine Klassifizierung aus einem vortrainierten Netzwerk durchführt. Der Vision-Sensor sendet die Ergebnisse an die speicherprogrammierbare Steuerung (SPS) und die Bilder und Telemetriedaten an einen Cloud-Server. Die Bilder werden verwendet, um das neuronale Netzwerk über Nacht umzuschulen und um die Robustheit zu erhöhen, während die telemetrischen Daten aggregiert werden, um sie für die vorausschauende Wartung zu verwenden.

Dr. Olaf Munkelt, Managing Director, MVTec Software GmbH
© © Klaus D. Wolf
Dr. Olaf Munkelt, Managing Director, MVTec Software GmbH
Boris Fiedler, ABB
© © ABB
Boris Fiedler, Digital Leader Robotics bei ABB

Boris Fiedler, Digital Leader Robotics bei ABB: Edge Computing zur Datenanalyse, Cloud Computing zum trainieren

„In der Cloud trainieren, lokal handeln“ – so lässt sich das Zusammenwirken von Edge und Cloud auf den Punkt bringen. Ein konkretes Beispiel gibt es aus dem Lackierbereich: Im Karosseriebau wird alle 60 Sekunden ein neues Auto lackiert. Mit kostspieligen Rohstoffen und einem hohen Energiebedarf gehört das Lackieren zu den teuersten Prozessen bei der Automobilherstellung. Um teure Nacharbeit zu vermeiden, ist es wichtig, den Lack mit höchster und konsistenter Qualität aufzubringen. Hierfür hat ABB den ersten digital vernetzten Lackzerstäuber entwickelt. Das bahnbrechende an der Lösung ist die Vernetzung des mit Sensoren ausgestatteten Zerstäubers mit der digitalen ABB Ability-Plattform, die intelligente Diagnosen in Echtzeit und eine präzise Lackregelung ermöglicht. Wir nutzen das Edge Computing, um während des Lackierprozesses Daten zu analysieren und Prozessanomalien, wie z.B. Luftbläschen im Lack mithilfe von Machine-Learning-Algorithmen zu erkennen. Um diese Algorithmen zu entwickeln und verbessern, laden wir mit Zustimmung unserer Kunden einen Teil der Rohdaten in die Cloud und trainieren diese dank der dort zur Verfügung stehenden Speicherplatz- und Rechenleistung.

Bernhard Lusch, Sales Manager CNC, Fanuc Deutschland GmbH: Cloud und Edge Computing als Partner

Cloud und Edge Computing sind bei der IIoT-Datenanalyse ganz eindeutig Partner. Das lässt sich auch daran erkennen, dass Fanucs IoT-Plattform Field System zwar Edge-basiert ist, aber auch Schnittstellen zu Cloud-Systemen aufweist. So zeichnet die Baugruppe Edge Analyzing Unit, die sich auch in Bestandsmaschinen nachträglich einbauen lässt, CNC- und Sensordaten auf. Die Kombination dieser Daten und der Vergleich mit Solldaten bieten sich beispielsweise für eine präventive Wartung an. Vergleichbare Informationen lassen sich mithilfe der Software-Option AI Servo Monitoring gewinnen. Künstliche Intelligenz vergleicht die aufgezeichneten Daten mit einem Normality Score und schlägt beim Überschreiten einstellbarer Grenzwerte geeignete Wartungsmaßnahmen vor.

Bernhard Lusch, FANUC
© © FANUC
Bernhard Lusch, Fanuc Deutschland GmbH
Prof. Dr.Markus Glueck, Schunk
© © SCHUNK GmbH
Prof. Dr.-Ing. Markus Glück, SCHUNK GmbH

Prof. Dr.-Ing. Markus Glück, Geschäftsführer Forschung & Entwicklung, CINO, SCHUNK GmbH & Co. KG: Edge Computing als wichtige und partnerschaftlichen Ergänzung zur Cloud-Analyse

Wir verstehen das Edge Computing als eine wichtige und partnerschaftlichen Ergänzung zur Cloud-Analyse zum Vorteil der Nutzer. Vor allem zeitkritische Daten werden unmittelbar im smarten Greifer nahe am Ort des Geschehens verarbeitet. So können beispielsweise Qualitätsmerkmale von Bauteilen während des Handlings geprüft und IO-/NIO-Entscheidungen unmittelbar im Greifer erfolgen. Das zu übertragende Datenvolumen wird auf das Nötigste reduziert. Rechenintensive Aufgaben ohne Echtzeitanforderungen hingegen erfolgen in der Cloud. Smarte Handhabungsmodule, wie der Parallelgreifer Schunk EGL, schaffen die Voraussetzungen für eine Vollintegration von Produktionsanlagen im Fertigungsumfeld und deren Anbindung an Cloud-basierte Ökosysteme. Jeder einzelne Prozessschritt wird detailliert überwacht und beispielsweise an die Anlagensteuerung, an das übergeordnete ERP-System, aber auch an Analyse-Datenbanken und Cloud-Lösungen weitergegeben. Smarte Greifer ermöglichen damit eine Closed-Loop Qualitätskontrolle und die unmittelbare Überwachung des Produktionsprozesses im Fertigungstakt.

Fazit: Cloud Computing vs. Edge Computing - Es gibt kein Entweder-oder

Edge Computing eignet sich vor allem für Anwendungen mit niedriger Latenzzeit und auch große Datenmengen, die bei hochfrequenten Prozessen anfallen, können nahe am Prozess gespeichert und ausgewertet werden. Die Cloud ist der richtige Ort, um Machine Learning Algorithmen zu trainieren, die dann später auf der Edge genutzt werden; sie kann gerade für Trendanalysen oder statistische Auswertungen zur Prozessqualität prädestiniert sein.

Beide Technologien haben sich im wachsenden IoT-Markt etabliert, um die Speicherung und Verarbeitung der Datenmengen zu bewältigen. Längst schließen sie sich nicht mehr aus, sondern arbeiten Hand in Hand.